Auf einer Konferenz wollen wir einander begegnen – aber wie ernst meinen wir das mit der Begegnung wirklich? Wie nah wollen wir einander tatsächlich kommen? Und wo beginnt die Gefahrenzone, wo es zu persönlich wird, gar unprofessionell, womöglich unkontrollierbar?
Wir alle haben Strategien, mit deren Hilfe wir Nähe performen, ohne zu riskieren, dass die Begegnung ihr volles Potential entfaltet. Worin liegt dieses Potential? Der Performancekünstler, Regisseur und Autor Daniel Cremer definiert es so: „Jede Begegnung ist in der Lage, mich für immer zu verändern. Und ehrlich gesagt, darunter mach ich’s auch nicht. Da bleib ich lieber im Bett.” Er übt sich daher seit Jahren in radikaler Verletzlichkeit als Kunstpraxis und erschafft in seinen Performances (so z.B. in seinem Solo MIRACLE OF LOVE, das 2020 zum Festival Radikal Jung eingeladen war) Spielplätze der unkonventionellen Begegnung. Eine sehr ernstgemeinte, sehr selbstironische Forschung auf dem Gebiet der Intimität.
Was in Seelenstriptease, Selbstdarstellung oder Selbstausbeutung enden oder sich in esoterische Umlaufbahnen schießen könnte, wird hier zu einem schrittweisen, achtsam vollzogenen Gesichtsverlust, einem lustvollen Abschmelzen von Gewissheiten. Einüben einer Praxis des Miteinander-Seins, die alle Formen des menschlichen Ausdrucks, bis hin zur Peinlichkeit umarmt: Basisskill für Konferenzen, Sitzungen und Publikumsgespräche. Daniel Cremer stellt in diesem Workshop seine künstlerischen Strategien zur alltagspraktischen Verfügung. Arbeitshypothese: Erst wenn wir es wagen, das Gesicht zu verlieren, können wir einander begegnen.
Workshop-Dauer: 4 Stunden